Geschrieben und gesprochen von Lisa Haußner und Pia-Felicitas Büttner. Gesprochen von Lisa Haußner.
Hörstation 7: Die Streuobstwiese
Horch a mol
Vor 100 Jahren standen hier einmal über einhundert Obstbäume, die mich und meine Familie versorgt haben. Und auch der Wald war eine wichtige Quelle, um Essen zubereiten zu können.
Lies a mol
Die Fotografie stammt von Emil Plat und ist in den 1920er Jahren aufgenommen - zu einem Zeitpunkt, als die historisch gewachsene Struktur und die Gebäude noch intakt waren.
(Foto: Stadtarchiv Coburg Fo._07.12._00173)
Zu jedem Bauernhof gehörte früher ein großer Obstgarten. Er befand sich in der Regel nur wenige Schritte vom Wohnhaus entfernt und war das Bindeglied zwischen Hof und umgebender Landschaft. Hinter dem Obstgarten ging es hinaus auf Wiese und Feld. Der alte Obstgarten der Schäferei befand sich nördlich der Gebäude. Er wurde wahrscheinlich während der Flurbereinigung in den 1960er oder 1970er Jahren umgebrochen und in Ackerland umgewandelt. Etwa in den 1990er Jahren wurde in Kooperation mit dem Landschaftspflegeverband Coburg die Streuobstwiese westlich des Geländes angelegt. Die hier stehenden Obstbäume werden seit vielen Jahren ehrenamtlich und mit viel Liebe gepflegt. Die knorrig gewachsenen Baumsenioren wären im Erwerbsanbau schon längst gegen junge Bäume ausgetauscht worden. Hier dürfen sie stehenbleiben und als wertvoller Lebensraum dienen.
Grüß Gott, ich bin Christiane, die Tochter des Schäfers. Im Moment befindest du dich vor dem Obstgarten. Stell dir vor, in meiner Zeit vor 100 Jahren standen hier einmal über 100 Obstbäume. Darunter Äpfel, Birnen, Zwetschgen und Quitten. Im Frühling liebe ich es, unter den blühenden Bäumen zu spielen. Sie duften immer so süß.
Im Spätsommer und Herbst ernte ich zusammen mit meiner Familie die Früchte der Bäume. Mit einem kleinen Korb in der Hand pflücke ich die schon reifen Früchte. Der Duft der frisch gepflückten Früchte ist immer so saftig und süß, dass ich gerne reinbeißen würde. Aber das geerntete Obst trocknen wir im Backofen und verkaufen es auf dem Markt. So können wir zusätzliches Geld einnehmen.
Das restliche Obst, das nicht getrocknet wird, lagern wir im Keller ein, damit wir auch im Winter etwas Frisches haben. Es ist besonders wichtig, die Vorräte regelmäßig zu überprüfen, denn nur EIN fauler Apfel kann den gesamten Bestand verderben und so hätten wir dann gar kein Obst.
Manchmal bekomme ich sogar etwas von dem getrockneten Obst ab. Da freue ich mich schon immer sehr drauf, denn es schmeckt so süß und ist wie ein Bonbon für mich. Andere Süßigkeiten gibt es eher selten.
Auf der linken Seite kannst du den Wald sehen. Das ist auch ein sehr wichtiger Ort für meine Familie. Hier holen wir das Holz für unsere Öfen. Es ist so schön, dabei zu sein, weil ich da immer so viele Eichhörnchen sehe, die ihren Vorrat sammeln, so wie wir.
Wir heben nur das Holz auf, das auf dem Boden liegt. Aber für das Einsammeln selbst brauchen wir auch eine Erlaubnnis. Diese bekommen wir von dem Besitzer des Waldes. Er ist auch gleichzeitig unser Gutstherr. Wenn wir daheim sind, stapeln wir das Holz. Dabei ist es immer wichtig, es ordentlich zu stapeln, damit das Holz trocken bleibt. Wenn wir fertig sind, können wir jeden Tag etwas zu Essen kochen und regelmäßig Brot backen.
Info zum Audioguide
Das Coburger Freilichtmuseum zum Mitmachen hat im Sommersemester 2024 Studierende der Hochschule eingeladen, den Alltag der Menschen, die hier früher gelebt haben, akustisch erlebbar zu machen. Rings um den 300 Jahre alten Schafstall haben sie sich auf die Suche nach dem früheren Arbeits- und Lebensalltag der Schäferfamilie und ihrer Tiere gemacht.
Der Audioguide macht an zehn Hörstationen erlebbar, wie ihr Alltag vor hundert Jahren aussah. Die Studierende der Sozialen Arbeit und der Betriebswirtschaft haben ihnen ihre Stimmen geliehen und dabei auch Erfahrungen aus unserer heutigen Welt einfließen lassen
Das Seminar wurde von dem Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Christian Holtorf und der Sozialpädagogin Beate Weigle M.A. geleitet und von Museumsleiterin Dr. Chris Loos beraten.