Geschrieben und gesprochen von Lara Keiling und Leonie Siebinger.
Hörstation 6: Der Schweinestall
Horch a mol
Wir sind fünf Ferkel in einem kalten, dunklen Stall und ernähren uns von menschlichen Abfällen. Bei Krankheiten werden wir mit Heilkräutern behandelt und im Winter endet unser Lebtag.
Lies a mol
Auf der alten Fotografie aus den 1930er Jahren sieht man noch, wie das alte Back- und Schlachthaus ausgesehen hat. Es ist ein Fachwerkhäuschen und bestand aus zwei Räumen. Aus der linken Dachhälfte ragt der Schornstein empor.
Der hier stehende Schweinestall wurde erst 1980 an diese Stelle versetzt. Er stammt eigentlich aus dem 15 km entfernten Schottenstein im Itzgrund. Ursprünglich stand hier ein Back- und Schlachthaus, das in den 1970er Jahren abgebrochen wurde. Unter einem Dach beherbergte es einen Backofen und einen vielfältig nutzbaren Arbeitsraum.
In historischer Zeit befanden sich die Ställe von Schwein, Ziege und Kuh in der Südhälfte des Schäferwohnhauses und waren von den menschlichen Wohnräumen nur durch eine Tür getrennt.
Du befindest dich jetzt am Schweinestall.
Wir sind Ferkel, die hier leben und werden dir jetzt etwas über unser Leben erzählen. Wir sind zu fünft in diesem kleinen Stall. Hier ist es dunkel und kalt und die Sonne kennen wir fast gar nicht. Wir essen die Abfälle von den Menschen, die hier in der Schäferei leben. Dafür gibt es die Futterklappen, die du vor dir sehen kannst. So bekommen wir wenigstens etwas Sonnenlicht ab. Fenster gibt es nämlich keine, da wir Schweine kälteempfindlich sind und die Dämmung des Stalles nicht gut ist. Sich gegenseitig zu wärmen und die Nähe der anderen zu spüren ist nicht möglich, da wir in einzelnen Buchten mit einem Holzverschlag leben. Übrigens, auf unserem Dach befindet sich Hauswurz, welcher damals als Blitzableiter genutzt wurde. Wenn der Schäfer mit den Schafen im Sommer umherzieht, kümmern sich die Frauen oder der Knecht um uns und unsere Familie. Sobald unsere Mama so viele Ferkel auf die Welt bringt, dass kein Platz mehr in unserem Stall ist, wird ein Teil von ihnen verkauft. Wann immer wir oder unsere Familie krank ist, kümmert sich hauptsächlich der Schäfer um uns und wir werden mit Heilkräutern behandelt. Wenn es uns ganz schlecht geht, werden wir getötet und unser Fleisch entsorgt. Ansonsten leben wir bis zum frühen Winter, da die Schäferfamilie die frostigen Temperaturen nutzt, um mein Fleisch lange haltbar zu machen. Alles von meinem Körper wird verwertet, wir zum Beispiel meine Haut für Schweineleder.
Info zum Audioguide
Das Coburger Freilichtmuseum zum Mitmachen hat im Sommersemester 2024 Studierende der Hochschule eingeladen, den Alltag der Menschen, die hier früher gelebt haben, akustisch erlebbar zu machen. Rings um den 300 Jahre alten Schafstall haben sie sich auf die Suche nach dem früheren Arbeits- und Lebensalltag der Schäferfamilie und ihrer Tiere gemacht.
Der Audioguide macht an zehn Hörstationen erlebbar, wie ihr Alltag vor hundert Jahren aussah. Die Studierende der Sozialen Arbeit und der Betriebswirtschaft haben ihnen ihre Stimmen geliehen und dabei auch Erfahrungen aus unserer heutigen Welt einfließen lassen
Das Seminar wurde von dem Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Christian Holtorf und der Sozialpädagogin Beate Weigle M.A. geleitet und von Museumsleiterin Dr. Chris Loos beraten.